22 Schülerinnen und Schüler einer zehnten Klasse des Lößnitzgymnasiums Radebeul waren gestern gemeinsam mit ihrer Lehrerin Frau Müller bei uns in Chemnitz zu Gast. „Erinnerungskultur“ – so lautete das Thema des Projekttags, bei dem sich die Jugendlichen am Gedenkort in der Kaßbergstraße und im Umweltzentrum Chemnitz mit der Geschichte des Kaßberg-Gefängnisses, dem entstehenden Lern- und Gedenkort sowie Formen der Geschichtsvermittlung für junge Leute auseinandersetzten. Unser Mitbegründer und Vorstandsmitglied Volkmar Zschocke MdL und unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin Dr. Steffi Lehmann kamen mit den Jugendlichen über wichtige Meilensteine auf dem Weg von der Idee einer Gedenkstätte bis hin zum Ersten Spatenstich ins Gespräch. In einer offenen Runde ging es außerdem um Fragen der Ausstellungskonzeption und der Ausgestaltung von Workshops. Werden Graphic Novels, Podcasts und Kurzfilme genutzt? Wird es im Lernort Tablets geben? Inwieweit sollten die Schülerinnen und Schüler emotional angesprochen werden? Welche Rolle werden Zeitzeuginnen und Zeitzeugen spielen?
Höhepunkt war ein Zeitzeugengespräch mit Alexander Heise, der von seinem missglückten Fluchtversuch über Ungarn 1986 und der anschließenden Inhaftierung berichtete. Nach der Festnahme in einem Waldstück nahe Sopron folgten für den damals 18-Jährigen Haftstationen in Györ und Budapest, bevor er in einem Flugzeug zurück in die DDR und in die Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in Erfurt gebracht wurde. In Eisenach wurde er wegen „ungesetzlichen Grenzübertritts“ zu einem Jahr Freiheitsentzug verurteilt. Alexander Heise kam nach Karl-Marx-Stadt in den Strafvollzug auf der Reichenhainer Straße, wo er seinen 19. Geburtstag erlebte. Im März 1987 wurde er – für ihn völlig überraschend – ins Kaßberg-Gefängnis verlegt. Er verließ den Gefängnishof im April 1987 im Bus und begann auf sich allein gestellt ein Leben in Freiheit in der Bundesrepublik. Seine Aufforderung an die Schülerinnen und Schüler: „Genießt eure Freiheit, ihr habt sie. Nutzt eure Freiheit, denn euch kann so was wie mir nicht passieren.“
Unsere Fotos zeigen Alexander Heise (oben und unten links) und Volkmar Zschocke beim Workshop im Umweltzentrum Chemnitz im Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern. Einen Text über die Lebensgeschichte von Alexander Heise, protokolliert von Dr. Steffi Lehmann, finden Sie, wenn Sie hier klicken.
Der Projekttag wurde mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes. Wir danken außerdem Frau Müller vom Lößnitzgymnasium Radebeul und dem Umweltzentrum Chemnitz.